Uni statt Armut: Suda Ishidas American Dream
Wer Suda Ishida einmal getroffen hat, vergisst sie so schnell nicht wieder. Dafür liefert die Professorin der Hamline University in St. Paul, Minnesota mehrere Gründe: Zum einen wäre da die scheinbar unendliche Energie, die die gebürtige Thai ausstrahlt. Schnell geäußerte Sätze, spontane Gedankensprünge und plötzliche Bewegungen oder Ausrufe zeigen, dass ihr Geist nie ruht. Zum anderen sind da ihre teils ungewöhnlichen Lehrmethoden, die vor allem bei Studierenden, die zum ersten Mal eines ihrer Seminare
besuchen, für Verwunderung sorgen. So kann es schon einmal vorkommen, dass Suda Ishida, die von Studierenden und Kollegen nur Suda genannt werden will, mitten im Vortrag die Musikvideos zu Trios „Da da da“ oder Nicki Minajs „Anaconda“ abspielt, um einen bestimmten Punkt zu unterstreichen. Oder dass sie einem Studierenden die Hände auf den Kopf legt und verkündet: „Wenn ich das in Thailand machen würde, wäre das eine schlimme Beleidigung.“
Doch wie kommt eine Frau aus Bangkok, dem Traum-Urlaubsziel vieler Deutscher, überhaupt nach Minnesota, wo über die Wintermonate regelmäßig Temperaturen um minus 30 Grad Celsius herrschen? Nicht ohne Umwege: „Nach meinem Studium in Chiang Mai in Nordthailand bin ich in den Osten, nach Phanut Nikom gezogen, um dort in einem Flüchtlingscamp der Vereinten Nationen zu arbeiten.“ Ein halbes Jahr später folgte ihr Einstieg in die Medien: „Ich bekam einen Job bei The Nation, einer
englischsprachigen Zeitung in Thailand.“ Fünf Jahre später verließ Suda ihre Heimat: „Ich hatte die Chance, am Southeast Asian and Japanese Youth Programme teilzunehmen, bei dem die Teilnehmer an Bord eines Kreuzfahrtschiffs verschiedene asiatische Länder bereisen. Später erfuhr ich, dass ich ein staatliches Stipendium erhalten hatte, um meinen Master in Internationaler Kommunikation an der Macquarie University in Sydney, Australien zu erwerben.“
Zweite Etappe: Von Australien nach Iowa und Minnesota
Zweieinhalb Jahre später verließ Suda mit ihrem Master in der Tasche Australien in Richtung USA. Ihr und ihrem Mann, den sie down under geheiratet hatte, waren Stellen als Lehrassistenten an der University of Iowa angeboten worden. Ein halbes Jahr vor Fertigstellung
ihrer Promotion, im Jahr 2002, folgte der vorerst letzte Ortswechsel in Sudas Leben: „Mir wurde eine Tenure-Track Professur an der Hamline University angeboten. Drei Jahre später übernahm ich dann die Leitung des International Journalism Programms.“
Uni-Professorin? Unvorstellbar!
Auch wenn Suda bereits viele Umzüge erlebt hatte, war das Leben in St. Paul zunächst ungewohnt für sie: „Der Schnee war gewöhnungsbedürftig. Für meinen Mann, der aus Kyoto kommt, und mich war die größte Überraschung das Fehlen von öffentlichen Verkehrsmitteln. Man braucht täglich das Auto.“ Dass sie einmal dort sein würde, wo sie heute ist, hätte sich Suda
in ihrer Jugend nie erträumt: „Ich bin in einer armen Familie mit drei Geschwistern und einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Brandstiftung, Drogen und Menschenhandel waren Teil unseres Lebens. Die Vorstellung, einmal Universitätsprofessorin in den USA zu sein, lag damals außerhalb meiner Reichweite.“
Durch International Journalism nach Trier
Jetzt lehrt Suda gleich in mehreren Ländern, in Trier leitete sie unter anderem bereits die Seminare „International Advertising“ und „Intercultural Communication“. Durch das International Journalism Programm, einen Austausch zwischen der Trierer Medienwissenschaft und Hamline, konnten einige Trierer Studierende sie auch ein Semester lang in den USA erleben. Jetzt endet das Programm, das 1999 ins Leben gerufen worden war und weicht dem neuen Studiengebiet „Global Communication and Media Studies“: „Das Ende macht mich traurig, gleichzeitig freue ich mich. ‚Global Communication and Media
Studies‘ wird aus einem breiteren Kursangebot bestehen und mehre praktische Elemente enthalten.“ Für Studierende aus Trier wird die Möglichkeit eines Auslandssemesters in Hamline weiterhin bestehen. Doch was hält Suda von Trier und seiner Universität? „Trier ist eine Studentenstadt, der Campus ist sehr schön, gepflegt und gut zu erreichen. Die Qualität und vor allem die allgemeine Verfügbarkeit von Bildung sind dort wichtig – diesem Beispiel könnte man in den USA folgen. Die Universität spielt eine große und einflussreiche Rolle in der Region – die Studierenden können stolz sein.”
„Wer hart arbeitet, wird Erfolg haben“
Suda selbst ist vor allem stolz auf „ihre“ Absolventen: „So viele von ihnen sind in ihren Medien-Karrieren sehr erfolgreich und auf der ganzen Welt verteilt: Von Shanghai, über Uruguay, Chile, New York City bis nach Hamburg! Auf die deutschen Studierenden ist sie besonders gut zu sprechen: „Ich liebe die deutsche Genauigkeit und Hartnäckigkeit. Deutsche Studierende wirken erwachsener als viele der Amerikaner. Das
könnte daran liegen, dass sie länger zur Schule gehen. In den USA beginnen viele mit 17 oder 18 Jahren am College.“ Trotzdem glaubt Suda, dass Fleiß und Interesse an der Materie wichtiger sind, als das Alter oder die Nationalität: „Jeder Studierende, der seine akademische Laufbahn ernst nimmt, wird Erfolg haben.“ Das beste Beispiel dafür ist sie sie selbst: Suda Ishida, die Professorin aus dem Armenviertel.
"Suda Ishida ist eine der interessantesten Persönlichkeiten, die ich während meines Studiums in Trier und an der Hamline University kennengelernt habe. Sie fordert und fördert ihre Kursteilnehmer mit viel Engagement und ist auch abseits der Seminare für ihre Studierenden da – sowohl auf einer fachlichen, als auch persönlichen Ebene. Bei Fragen und Problemen kann sich jeder an sie wenden und bekommt neben einer Lösung oft auch etwas zu lachen!"
Jonas Warlich
Master Medienwissenschaft,
International Journalism 2014/2015
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