Eine Kulturredakteurin braucht noch eine Äußerung zur derzeitigen Diskussion über die Zukunft des Theaters. Sie bittet den Pressesprecher über WhatsApp um seine Einschätzung.
Die Frühredakteure aktualisieren den Online-Content entsprechend der Vorkommnisse in der Nacht. Derweil werden in den Seitengängen die Bildschirme eingeschaltet. Sie zeigen an, was online gerade gelesen wird, welche die beliebtesten Artikel der letzten Stunden sind und was die Konkurrenz bringt.
Der Chef vom Dienst stellt die abends eingesendeten Planungen der Lokalredaktionen ins Intranet, die die Redakteure ganz unkompliziert auch von ihrem Smartphone abrufen können. Anschließend telefoniert er mit den Reportern, die nur noch zur Wochenkonferenz in die Redaktion kommen. Sie können mittlerweile von überall mit ihren Laptops arbeiten
Die Konferenz am Newsdesk dauert gerade mal zehn Minuten. Sie beschäftigt sich nur mit neuen Entwicklungen, die sich nach der Hauptkonferenz am Abend ergeben haben.
Der Chefredakteur betritt sein gläsernes Büro, aus dem er auf den Newsdesk schauen kann. Auf seinem iPad verfolgt er die aktuelle Nachrichtenlage.
Der Deskchef schaut auf drei Bildschirme: Einer für das Intranet, in dem alle Redakteure arbeiten, einer für Agenturen und einer für seine Mails, Texte und Notizen. Er legt die Tagesaufgaben endgültig fest und versendet die Tagesplanung.
Ein Kulturredakteur fährt zu seinem Außentermin. Mit der Analogkamera schießt er Fotos, die er im Anschluss in der Dunkelkammer entwickelt. Ist kein scharfes Foto dabei, muss er auf ein Foto aus dem Archiv zurückgreifen.
Noch schläft die Redaktion.
Frühstück mit ausführlicher Zeitungslektüre – des eigenen Blattes, des Konkurrenzblattes und der überregionalen Presse.
Der Frühdienst kommt in die Redaktion, liest die Post, die Leserbriefe und telefoniert mit den Außenredaktionen.
Die ersten Lesewert-Ergebnisse treffen ein: Was ist am meisten gelesen worden? Was am intensivsten? Der Deskchef schaut sich die Ergebnisse an: Die Meldung über eine neue Straßenbahntrasse hat den höchsten Durchlesewert. Er ruft eine Reporterin an, die sich um einen weiteren Beitrag kümmern soll.
Der Chefredakteur liest in seinem Büro die aktuelle Ausgabe sowie Zeitschriften und Branchenblätter und sammelt Ideen für die Konferenz.
Die Redaktionskonferenz der Lokalredaktion beginnt. Eine Redakteurin kommentiert die Ausgabe von Vortag: Themensetzung, Überschriften, Visualisierung, Platzierung und Orthografie. Der Chef vom Dienst trägt Themen vor, die bisher offen geblieben sind. Die Redakteure stellen ihre vor-recherchierten Informationen vor.
Die Redakteure telefonieren mit Informanten für ihre Themen und vereinbaren Interviewtermine.
Die übrigen Redakteure der Lokalredaktion treffen ein. Zuallererst überprüfen sie Anrufbeantworter und Faxgerät auf neue Meldungen.
Gemeinsames Mittagessen von Deskchef und Chef vom Dienst mit der Marketing-Abteilung: Was plant die Redaktion? Was plant das Marketing?
Mittagspause: Zwei technisch-affine Redakteure sprechen über mögliche Konzepte für eine Online-Version, die bald das Printprodukt begleiten soll.
Ein Lokalredakteur packt sein Handy und seine Spiegelreflexkamera ein. Ein Leser hat endlich per Messenger auf den Facebook-Aufruf von vorgestern reagiert.
Mit Beginn des Nachmittags fangen die Redakteure an, ihre Texte zu erstellen.
Die Redakteure der Mantelredaktion treffen ein. Sie sichten die bereits nach Themen sortierten Ausdrucke der Agenturmeldungen und bestimmen die relevanten Tagesthemen für die überregionalen Seiten. Neu eintreffende Agenturmeldungen werden laufend auf den Ausdrucken redigiert.
Der Online-Chef begutachtet die Social-Media-Daten, um ein aktuelles Stimmungsbild zu erhalten: Welche Themen kochen lokal und regional hoch?
Die gemeinsame Redaktionskonferenz aller Ressorts steht an: Die Vertreter der Ressorts stellen ihre Beiträge in mündlicher Form kurz vor. So erhalten die Redakteure einen Überblick über die gesamten Themen der Ausgabe.
Der Lokalredakteur kommt von seinem Außentermin zurück und beginnt, den Beitrag zu schreiben. Mit dem Smartphone hat er gute Sequenzen filmen können und schneidet daraus ein Video für die Social-Media-Kanäle.
Mit der Hauptstadtkorrespondentin werden die Termine für den nächsten Tag via Skype abgesprochen. Der Schwerpunkt liegt auf der morgigen Debatte im Parlament.
Bevor der derzeitige Stand der Artikel ans Korrektorat gegeben werden kann, speichert die Redakteurin den Text auf einer Diskette zwischen.
Die Artikelproduktion läuft auf Hochtouren. Dank Autokorrektur können kleine Tippfehler direkt behoben werden.
Ein Redakteur aus dem Politikressort braucht bei einem Beitrag Rat. Da seine beiden Kollegen nicht im Büro sind, greift er zum Hörer und kontaktiert den Kollegen im Büro am Ende des Flurs.
Die wichtigste Konferenz des Tages findet vor Whiteboards statt, auf dem der aktuelle Stand der Seiten zu sehen ist. Die Blattschau der morgigen Ausgabe kann also beginnen.
Im Korrektorat werden die Artikel von den zuständigen Lektoren gegengelesen: Finden sich noch Rechtschreib- oder Tippfehler in den Texten Welche Überschriften und Vorspänne lassen sich noch einkürzen?
Im Anschluss an die Konferenz wird die übernächste Ausgabe geplant. Aufträge an Reporter, Fotografen und freie Journalisten werden entweder telefonisch oder per WhatsApp vergeben.
Der Leserbeirat tagt: Heute mit dem Ombudsmann der Redaktion. Thema sind anonyme Kommentare im Netz.
Die meisten Artikel sind fertig. Es bleibt den Redakteuren also noch Zeit die heute eingegangenen Leserbriefe durchzugehen und sie für den kommenden Tag aufzubereiten.
Der Umbruchredakteur erstellt die Seiten mit dem Redaktionssystem, kürzt Zwischenzeilen und Bildtexte. Die Redakteure schauen vorbei, um ihre Beiträge nochmal zu überprüfen.
Die Layouterin sitzt noch an der Gestaltung der Seiten. Das querformatige Foto passt nicht in die Konzeption der Wirtschaftsseite. Sie sucht eine Alternative im Hochformat.
Die Redaktion beginnt sich zu leeren, die Spätredaktion übernimmt.
Die Zeitung ist fast fertig, der Redaktionsschluss naht. Auf Seite 2 ist noch eine weiße Fläche frei, die als Platzhalter für den Artikel des anstehenden Abendtermins dient.
Online werden die Nachrichten für die Nacht und den frühen Morgen vorbereitet. Der Sportredakteur tickert live über das Zweitliga-Fußballspiel.
Der Andruck im Druckzentrum startet.
Der Spätdienst endet und verlässt das Büro.
Eine Redakteurin, die den Abendtermin übernommen hat, kehrt in ihr Büro zurück. Mithilfe der Mitschriften auf ihrem Notizblock verfasst sie den fehlenden Artikel.
Kurz vor Mitternacht ist sodann endgültiger Druckschluss.
Ein Redakteur entdeckt noch einen Fehler im Artikel der Online-Version und korrigiert diesen ohne großen Aufwand per Smartphone.
Die erste Kaffeepause steht an.
Noch schnell eine Runde Espressi für den Spätdienst.
Druckzentrum
Pro Stunde können je nach Größe des Druckzentrums von 40.000 bis zu 100.000 Auflagen gedruckt werden. Heutzutage können Änderungen auch noch in letzter Minute vorgenommen und Seiten aktualisiert werden. Deshalb steht der Spätdienst einer Redaktion häufig bis kurz vor Mitternacht im ständigen Kontakt mit der Druckerei.
(c) Unsplash, Bank Phrom
Quelle: 200 Jahre reiff medien
Umbruchredakteur
Der Umbruchredakteur kümmerte sich um das Layout der Zeitungsseiten. Er stellte sicher, dass der Satzspiegel eingehalten wurde und die Textlänge den Vorgaben entsprach. Darüber hinaus sorgte er für die richtige Positionierung und Größe von Titeln, Rubriken, Seitenzahlen und Fußnoten.
(c) Fabian Matzerath/BILD
Leserbeirat
Der Leserbeirat besteht meist aus treuen Lesern einer Zeitung. Sie nehmen regelmäßig an Redaktionsmeetings teil und äußern ihre Wünsche und Anregungen. Die erste deutsche Tageszeitung, die einen Leserbeirat einführte, war die BILD im Jahr 2007.
Blattschau
Vor der Veröffentlichung findet in einer Zeitungsredaktion die "Blattschau" statt. Bei dieser werden die Seiten der nächsten Ausgabe ausgedruckt, aufgehangen oder digital auf großen Bildschirmen dargestellt und kritisch begutachtet. Im Anschluss führen die zuständigen Redakteure letzte Feinarbeiten aus.
(c) Marco Kneise/Thüringer Allgemeine
Diskette
Die Diskette war das Speichermedium der 80er und 90er Jahre, heute ist sie den meisten nur noch als "Speichern"-Symbol aus zahlreichen Programmen bekannt. Apple verzichtete ab 1998 auf den Einbau von Diskettenlaufwerken, inzwischen wurden die nur wenige Kilobyte fassenden Floppy Disks von USB-Sticks und Clouds abgelöst.
Agenturmeldung
NNicht jede Tageszeitung hat eine Korrespondentin in New York. Deshalb spielen vor dem Internet die Meldungen von Nachrichten- und Presseagenturen eine wichtige Rolle. Sie dienen als Rohstoff für einen Großteil der überregionalen und internationalen Berichterstattung.
(c) Trierischer Volksfreund
(c) Unsplash, Carlos Muza
Social-Media-Daten
Das Leserverhalten im Netz wird heute mit Webtracking-Werkzeugen wie Google Analytics genau untersucht. So können die Redaktionen beispielsweise sehen, wie häufig ein Artikel aufgerufen wurde und sich damit ein Bild vom Interesse ihrer Leser machen. Mithilfe der Ergebnisse wird dann entschieden, welche Artikel prominent platziert werden.
Quelle: www.bdzv.de/dpa-Timeline
Online-Version
Rund 100 Tageszeitungen verfügten 1997 neben ihrer gedruckten Ausgabe auch über ein Angebot im Netz. Bei vielen Zeitungshäusern hatte die Online-Version noch wenig Inhalt, wenn dann hauptsächlich Text. Lesen konnten die Online-Versionen sowieso nur Wenige: Erst 6,5 Prozent der deutschen Bevölkerung hatten 1997 einen Internetanschluss. Mit eine
der ersten Tageszeitungen, die online gingen, war die Rhein-Zeitung.
(c) Wikimedia Commons, INKAROAD
Dunkelkammer
Die Dunkelkammer ist ein lichtdichter Raum, in dem in der Analogfotografie die Fotoabzüge hergestellt werden. Hier sieht man wie der Negativfilm auf das Foto projiziert wird.
Lesewert
Der Lesewert ist das Zeitungs-Pendant zur Einschaltquote. Beim Lesen einer Zeitung führen Leser einen Scanstift über die Zeilen eines Artikels. So wird erfasst, welche Inhalte wie lange rezipiert werden. Seit 2011 erhalten viele Redaktionen dank dieser Technik wertvolles Feedback über das Leseverhalten ihrer Abonnenten.
(c)Lesewert/Die Mehrwertmacher
Faxgerät
„"Rüberfaxen" gehörte in den 90er Jahren in deutschen Büros zum Standardvokabular eines jeden Mitarbeiters. Mit Hilfe des Faxgeräts können Dokumente über das Telefonnetz als grafische Kopien verschickt werden - eine echte Revolution in einer Zeit vor PDF-Dateien und E-Mails!
Newsdesk
Der "Newsdesk" ist die Koordinations- und Produktionszentrale einer Redaktion. Er gilt als permanente Konferenz, von der aus die gesamte Themenplanung einer Ausgabe stattfindet.
Die Rechercheinterviews zur Konzeption der exemplarischen Tagesabläufe wurden geführt mit:
Rolf Seydewitz und Joachim Engbrocks, Redakteure des Trierischen Volksfreunds
Michael Schmitz, Leiter der Rathaus Zeitung Trier
Anja Weckmann, SWR-Studioleiterin Trier
Heike Warlich-Zink, freie Journalistin
Paul-Josef Raue und Horst Seidenfaden, langjährige Chefredakteure.