Vom Hörsaal ins Hörfunk-Studio – Wie ein Studienratgeber zum Traumjob verhalf
Der Radiosender SWR3 ist einer der beliebtesten in der Bundesrepublik. Seine Fans erkennt man an kleinen, rot-grau-schwarzen Elchen, die am Rückspiegel ihrer Autos baumeln. Die Stammhörer können sogar die Moderatoren anhand ihrer Stimmen erkennen, wissen, welcher Jingle die Nachrichten ankündigt und wann ihr liebstes Comedy-Stück läuft. Nur eines kennen die meisten Hörer nicht: die Gesichter hinter ihrem Stammsender. Eines dieser Gesichter ist Kristof Kien. Er arbeitet als Redakteur und Reporter für den beliebten Radiosender. Er selbst bezeichnet sich als „eierlegende Wollmilchsau“, denn in der Redaktion werden die Mitarbeiter überall eingesetzt. Zurzeit unterstützt Kien
seine Kollegen in der Morningshow. Das bedeutet aber
nicht nur früh aufzustehen. Er ist für den Sendeablauf verantwortlich, schreibt Moderationen, bestellt Beiträge, hält Rücksprache mit Reportern und Korrespondenten. Kien ist Radiomacher mit Leib und Seele – seine Berufung fand er aber eher durch Zufall.
Vollkommen ratlos, wie seine berufliche Zukunft nach dem Abitur aussehen soll, stieß Kien in einem Ratgeber zur Studien- und Berufswahl auf den Eintrag „Medienwissenschaft“. Ein Besuch bei seinem Cousin in Trier, eine Besichtigung der Universität – und die Entscheidung war gefallen. „Wenn ich an dem Tag Landschaftsgärtnerei in Leipzig besser gefunden hätte, dann wäre ich jetzt vielleicht Landschaftsgärtner“, sagt Kien heute.
Landesweit in den Vereinigten Staaten zu hören
Im Studium merkte er schnell, wo seine Stärken liegen. Es waren vor allem die praktischen Dinge, die ihm Spaß machten. Luhmann, Habermas und Co. „kickten“ ihn eher weniger. An Interviewseminare und Textarbeiten kann er sich dagegen auch heute noch am besten erinnern. Vieles, was er dort lernte, kann er auch in seiner jetzigen Tätigkeiten anwenden.
Die Leidenschaft fürs Radio entwickelte sich erst während des Studiums. Zahlreiche Praktika und seine freie Mitarbeit beim Saarländischen Rundfunk und der Deutschen Welle gaben ihm einen ersten Einblick in die
Mit dem Magisterabschluss in der Tasche war sofort klar, wo seine berufliche Zukunft liegen sollte: „Ich wollte ein Volo machen und habe mich einmal quer durch die Republik beworben, auch beim SWR, aber aus irgendeinem Grund wollte mich keiner.“ Die Zusage kam schließlich aus Bayern. Bei Radio Primavera, einer „kleinen Klitsche“, wo er die Grundlagen des „Radiomachens“ lernte. Nach der Ausbildung klappte es dann auch bei einem zweiten Anlauf mit einer Stelle bei SWR3. Aber was ist für Kien das Besondere am Radio? „Es ist so ein emotionales Ding. Da sind Moderatoren, die ihre eigene Persönlichkeit rüberbringen, das kann keine Maschine oder das Internet ersetzen. Man hat die Möglichkeit, die Stimmung der Zuhörer einzufangen. Wir können aber auch sofort reagieren, wenn zum Beispiel irgendwo ein Terroranschlag ist – dann sind wir Aktuell-
Welt des Radios. Während eines Auslandssemesters in Minnesota, konnte Kien bei einem weiteren Praktikum die Arbeit der amerikanischen Kollegen kennenlernen. Dort erlebte er so einiges: Als der US-Senator Paul Wellstone kurz vor den Kongresswahlen im Jahr 2002 durch einen Flugzeugabsturz tödlich verunglückte, war Kien zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Er berichtete von dem tragischen Ereignis und verkaufte seine Beiträge an verschiedene, nationale Nachrichtensendungen – seine Produktionen waren landesweit in den Vereinigten Staaten zu hören.
Tagesbegleiter Radio
Medium. Für viele ist das Radio ein Tagesbegleiter, da ist einfach immer was los. Wir können Geschichten erzählen und jeder Hörer stellt sich was anderes vor unter dem, was man ihm erzählt.“
Diese Begeisterung will er auch der neuen Generation von Studierenden nahe bringen. Zusammen mit seinem Kollegen Sebastian Müller kommt er deshalb regelmäßig zurück nach Trier, um an der Universität Radioseminare zu geben. Vielleicht ist der ein oder die andere Seminarteilnehmerin dabei, die eine ähnliche Richtung einschlagen möchte. Für diejenigen hat Kien übrigens einen guten Tipp: „So viel praktische Erfahrung sammeln wie es geht, am besten neben dem Studium. Je früher man sich gewisse Kenntnisse draufschafft, desto besser.“